Sind dann mal weg

Eine Busfahrt die ist lustig…

17.00: Wir sitzen vor unserem Guesthouse in Vientiane. Irgendwie sind wir immer noch nicht sicher, wie gut die Idee war, mit dem Sleeping Bus von Vientiane in Laos nach Hue in Vietnam zu fahren. 200’000 Kip oder 29 Dollar kostete der Bus. Sie sagten, sie werden uns um 17 Uhr abholen. Es sei ein VIP-Sleeping Bus, sagten sie. 22 Stunden würde der Trip dauern, sagten sie, von 17 Uhr bis 17 Uhr. Sie sagten: ‚Bus with toilets on Mondays, Thursdays and Saturdays‘. Wir dachten, gut reisen wir an einem Donnerstag und legten unsere Kreditkarte auf den Tisch. Sie sagten: ‚Kaptschai‘, Danke. Das mit den Pickups ist, das wissen wir inzwischen, mehr eine frühstens-Angabe, aber es funktioniert immer.

17.15: Wir werden von einem, nennen wir es Trucktuk (eine Art Lieferwagen mit Bänken auf der Ladefläche wie ein Tuktuk), abgeholt. Rucksäcke aufs Dach und los gehts. Es sitzen schon einige Leute drin, vielleicht sind wir die letzten.

17.30: Wir waren nicht die Letzten. Luftlinie sind wir jetzt ca. 100 Meter von unserem Guesthouse entfernt und haben nochmals gefühlte 10 Personen aufgeladen. Wenn jetzt nochmals jemand kommt, muss er aufs Dach.

17.55: Ankunft am Busterminal. Seit das ältere Pärchen aus England an einem anderen Busterminal ausgestiegen ist, ists nicht mehr so eng. ‚Hue? Hue?‘ schreit ein 1.60 m grosser Laote in einem unauffälligen blauen Shirt. Er wirkt freundlich, aber zugleich ein wenig gestresst. Ich nicke. ‚This way, sir, this way‘ ruft er und würde mich am liebsten in den Bus zerren. Der Bus sieht schon ziemlich voll aus, unsere Rucksäcke sind noch auf dem Trucktukdach. Ich versuchs ihm zu sagen. Er kann oder will mich nicht verstehen. Er wird noch gestresster. Wir beschliessen, uns aufzuteilen, Patricia schaut für die Rucksäcke, ich dafür, dass wir noch ein Bett kriegen. Sonst geht es uns am Ende so wie den beiden jungen Britinnen, welche sich wegen eines überbuchten Busses ein Bett teilen mussten. Der Mann möchte unsere kleinen Tagesrucksäcke verladen, ich lehne dankend ab. Patricia konnte den Weg unserer Rucksäcke nicht bis zum Schluss mitverfolgen, auch sie wurde einfach in den Bus gestossen, wir hoffen sie haben es auch an Bord geschafft. Wir kriegen zwei Betten in der zweithintersten Reihe unten, Patricia links, ich in der Mittelreihe. Kaum haben wir uns hingesetzt, ging es auch schon los…

18,15: Während sich der Duft von frisch erbrochenem wie ein Schleier über die unteren Betten legt, konnten wir uns während der ersten Viertelstunde ein erstes Bild unseres Busses machen. Drei Reihen mit fünf Betten hintereinander, Doppelstöckig und zuhinterst im Bus eine Art Massenschlag. Macht ca. 40 Leute. Davon 38 Einheimische, inkl. 2 Kleinkindern. Zum Glück schreien Laos-Babies nicht wirklich. Vermutlich weil sie immer soviel Aufmerksamkeit kriegen, dass sie gar nie auf sich aufmerksam machen müssen. Toilette gibts keine auf dem Bus. Ich frage mich, ob ich mich schon wieder in den Wochentagen geirrt habe, was mir in letzter Zeit öfters geschieht. Habe ich nicht. Im TV, eine Reihe vor mir, laufen Videoclips. Leicht bekleidete Asiatinnen räkeln sich auf den Ladeflächen amerikanischer Pickups. Immerhin, denke ich, und frage mich wie sich das wohl mit den sonst doch eher konservativen Einstellung der Laoten vereinbaren lässt. Zu stören scheints hier niemand. Der Typ im Bett über Patricia, der gerne seine eher unvorteilhaft riechenden Füsse runterbaumeln liess, muss seinen Platz wechseln. Die hinterste Reihe scheint etwas günstiger zu sein, eine Art zweite Klasse im VIP-Bus. Die Betten sind eher für Asiaten konstruiert. Wenn ich die Füsse ein wenig verbiege, habe ich aber Platz. Ein Kind beginnt zu schreien. Doch kein Laoten-Baby?

19.00: Wir überlegen uns ein Spiel über den Gang zu spielen, doch da geht auch schon das Licht aus. Sollen wir jetzt schlafen? Es ist noch viel zu früh. Dennoch versuchen alle rundherum irgendwie zu schlafen. Ausser mein Nachbar rechts. Er isst ein Sandwich. Es riecht lecker, wir haben aber gerade erst gegessen, mein Neid hält sich in Grenzen. Ob ich nicht doch schlafen sollte? Ich beschliesse stattdessen, den ersten Pack Chips zu essen. Im TV immer noch die Videoclips mit den spärlich bekleideten Tänzerinnen.

20.07: Das Licht geht an. Vorne brüllt jemand etwas auf laotisch, der Bus hält. Der Laote mit den mittellangen Haaren in der Reihe vor mir versucht mir irgendwas zu sagen. Ich verstehe nur ‚Vietnam‘ und ‚Lao‘. Ich nicke und lache. Er lacht auch und zeigt mir an, dass es hier zu essen gibt. Ich habe noch keinen Hunger. Wir rechnen aus, wie lange unsere verbleibenden 30’000 KIP noch reichen, wenn wir jedesmal je 2’000 fürs Pinkeln zahlen müssen, was hier so der Standardpreis ist. Bei diesem Halt müssen wir nichts bezahlen, die Toilette ist die Wiese neben dem Restaurant. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, mir ein Bier zu kaufen. Angesichts der Tatsache, dass die wohl einzigen zwei Personen in unserem Bus, welche eine kleinere Blase als ich haben, Windeln tragen, verwerfe ich diesen Gedanken ziemlich schnell wieder.

20.29: Ein mehrmaliges Hupen zeigt an, dass es weiter geht. Wir steigen wieder in unsere ‚Betten‘. Das Licht geht wieder aus. Anstelle der Tänzerinnen läuft nun irgend ein Actionfilm aus Hollywood mit einer ‚Übersetzerin‘, welche vermutlich die Story erzählt. Währenddem ich mir überlege, ob ich nicht doch schlafen soll, furzt doch tatsächlich jemand irgendwo in der hinteren Hälfte des Busses. Ich verfluche ihn und versuche zu schlafen.

04.15: Ich erwache. Habe eigentlich gar nicht schlecht geschlafen. Zumindest am Schluss sogar einige Stunden am Stück. Patricia ist auch wach, hat etwas weniger gut geschlafen, man könnte fast sagen gar nicht. Inzwischen sind nochmals ca. 10 Leute zugestiegen. Sie liegen auf dem Gang oder teilen sich ein Bett.

05.30: Der Bus hält an, alle steigen aus. Frühstück? Unsere (je) drei Sandwiches liegen immernoch unangetastet im Rucksack, noch immer kein Hungergefühl. Beim Ausgang sammelt ein Asiate mit Lederjacke, nach hinten gekämmten Haaren und goldenem Fingerring alle Pässe ein. Irgendwie kann hier keiner Englisch, aber scheinbar sind wir bereits bei der Grenze. Auf einmal will er je 30’000 Kip von allen. Alle zahlen, wir haben nur noch insgesamt 32’000 Kip… Irgendwie kann uns hier keiner sagen was wieso und warum wir plötzlich Geld brauchen. Inzwischen ist auch der Bus leer weitergefahren. Mit an Bord unser Gepäck und unsere Wertsachen. Irgendann meint er dann wir könnten um 7 Uhr zum ATM gehen. 7 Uhr? Nachdem das mit dem ATM einenhalb Stunden später geklappt hat (wir waren wieder Millionäre), stellen wir fest, dass alle ihre Pässe wieder haben ausser wir. Die nächste Verunsicherung macht sich breit. Plötzlich ist auch der schmierige Typ nicht mehr zu sehen…

07.05: Schlange stehen vor der vietnamesischen Grenze… Die ganze Aufregung war umsonst, der Typ mit der Lederjacke hat lediglich gutes Geld damit verdient, 50 Pässe zur Grenze zu bringen mit dem Roller und die Stempel abzuholen. Wie sich herausstellte, öffnet die Grenze erst um 7 Uhr. Wir waren ziemlich früh dran.

07.30: Wir sind in Vietnam. Beamte arbeiten hier mit Sicherheit noch langsamer als zu Hause… Wir steigen wieder in den Bus, das Wetter ist einiges schlechter als in Vientiane zuvor. Immerhin regnet es nicht. Noch nicht.

11:30: Und schon sind wir da. Irgendwie scheints da jemand nicht so mit den Zeitangaben zu haben. Diesmal sind wir aber froh, gemäss Angabe wären wir erst um 17 Uhr angekommen. Inzwischen habe ich ein Sandwich gegessen, wir haben jetzt nur noch 5 weitere. Auch da hat sich jemand verkalkuliert. Es giesst jetzt übrigens wie aus Kübeln. Taxis? Nö. Dafür Motorbikes (mit Fahrer). Wir haben keine Wahl.

12.05: Wir sind im Guesthouse angekommen. Wurden noch selten so freundlich empfangen. Zur Begrüssung gabs gleich mal Icetea for free. Das Personal entschuldigte sich ca. 3mal dass unser Zimmer noch nicht bereit sei (Wir haben unsere Ankunft auch erst auf 17 Uhr angekündigt.)

12.15: Zimmer bezogen. Mit eigenem Bad! Mit Badewanne im eigenen Bad! Mit warmem Wasser in der Badewanne im eigenen Bad! Heute ist unser Glückstag! 🙂


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5 Kommentare zu “Eine Busfahrt die ist lustig…

  1. Andrea

    Das tönt ja fast wie auf einer Schleppertour…! Gottlob habt ihr jetzt wieder ein Zimmer mit Bad!!! 😉

  2. Priska + Martin

    Ich lebt ja den ganzen Tag nur von Überraschungen und vielen Eindrücken. Aber wieder einmal habt ihr zum Glück ans Essen (Sandwichs) gedacht!!
    Wir wünschen Euch weiterhin viele Überraschungen und Glücksmomente!!

  3. lilli erni

    ich glaube so viel Überraschungen wären nichts für meine nerven
    ich wünsche euch viel spass

  4. Alex

    Hahaha super lustig zum laese 🙂 die schlepperstorys choemed mer seeehr bekannt vor vo de kambodschanische grenze. alles same same i dem asie..
    haend e gueti ziit!
    lg alex (us de dispo 🙂 )