Zurück in La Paz campen wir einige Tage in der Garage von Ernst. Es ist bereits weit nach Mitternacht als wir ankommen, und Patricia ist wieder/immer noch nicht ganz fit. So beschliessen wir am Samstag, erstmal das zu tun, was wir am besten können: nichts. Nach dem Ruhetag nehmen wir die Seilbahn hoch nach El Alto und geniessen ein frittiertes Hühnchen mit Aussicht. Nach einem kurzen Marktbesuch geben wir uns einen Fussballmatch im eventuell höchstgelegenen Nationalstadion der Welt (zu faul um das zu googeln, bitte korrigiert mich wenn falsch). Bolivar FC gegen den Club Jorge Wilstermann aus Cochabamba steht auf dem Programm. Ob es an der Höhenluft liegt oder ganz allgemein an der fussballerischen Qualität der bolivianischen Liga können wir an dieser Stelle nicht abschliessend beurteilen, der Match ist jedenfalls nicht allzu hochstehend und endet mit einem 1:1 Unentschieden. Spannender ist eher das ganze drumherum. Eine „Guggemusig“, welche von der ersten bis zur letzten Minute durchspielt (mit einem Repertoire von zirka 3 verschiedenen Stücken…), zahlreiche Damen in traditonellen Gewändern, Männer mit Radios um den Hals und Feldstechern, und ständiger Nachschub an Essen und Softgetränken… Letzteres ist nicht nur ein Vorteil, wenn man ständig hungrig ist, so wie Manuel. Man stelle sich dies zu Hause am FCSG-Match vor: Manuel würde bestimmt drei lauwarme Egger-Bratwürste pro Match verdrücken. Und das will nun wirklich niemand! Aber zurück zum Thema: Anschliessend gönnen wir uns vor dem Stadion Anticuchos (Rinderherzenspiesse mit Erdnusssauce).
Am Montag erfahren wir dann, dass der Wellnessaufenthalt von Schnurrli zwar nicht ganz so teuer war wie unsere zwei Wochen Costa Rica Urlaub, dennoch ein Stück teurer als gedacht… Dafür sind wir jetzt praktisch rostfrei und bereit für neue Abenteuer. Am Abend treffen wir uns ein weiteres Mal mit Robin, einem Freund aus der „Buenos Aires Connection“.
Da Patricia wieder vollständig genesen ist, absolvieren wir am Montag den Camino de la Muerte – die Strasse des Todes – mit Downhillbikes. Hierbei handelt es sich um eine Kiesstrasse, welche von ca. 3’600 m.ü.M. hinunter bis in den Jungel führt. Der Name kommt daher, da diese Strasse eine Zeit lang als die gefährlichste der Welt galt (damals beidseitig befahren). Heute wird sie praktisch nur noch touristisch genutzt und es sterben im Schnitt nur noch zwei Menschen pro Jahr. Eindrücklich sind vor allem die Passagen wo es seitlich bis 500 Meter senkrecht hinuntergeht, und natürlich die Natur. Im Anschluss an den „normalen“ Weg, dürfen wir uns mit etwa der Hälfte der Gruppe einen kurzen Singletrail herunterstürzen, der das Erlebnis abrundet.
Mit leichten Muskelkater-Anzeichen machen wir uns tags darauf auf den Weg nach Cochabamba. In Cochabamba wohnt Julio, der Freund von Manuels Schwester Amanda, mit Familie. Wir werden herzlich empfangen und dürfen in deren Appartement unterkommen. Julio hatten wir zuvor nur von seinem Schweiz-Besuch im vergangenen Jahr gekannt, jedoch war die Sprachbarriere einfach zu gross, um ihn richtig kennen zu lernen. Dank unseren (zwar nach wie vor bescheidenen) Spanischkenntnissen funktioniert die Kommunikation diesmal viel besser. Er hat bereits eine ganze Liste von bolivianischen / cochabambinischen Spezialitäten vorbereitet, die wir unbedingt probieren müssen. So bleiben wir ganze eineinhalb Wochen in Cochabamba bei Familie Martinez. Das Tagesprogramm gestaltet sich in diesen Tagen meist ziemlich übersichtlich: Spät aufstehen, uns von Mama Edda bekochen lassen, evtl. kurz in die Stadt, Blog schreiben, arbeiten oder Reise Planen am Nachmittag. Abends gehen wir meist mit Julio essen, trinken und Billard oder Cacho spielen. Cacho ist das Nationalwürfelspiel Boliviens, nach den eineinhalb Wochen sind wir Profis ;).
Besonders in Erinnerung bleiben werden uns:
Nach eineinhalb Wochen verabschieden wir uns von Julio, und seiner Familie. Wir haben uns sauwohl gefühlt bei ihnen (und vermutlich das eine oder andere Kilo zugenommen) ausserdem ist unser Spanisch in dieser Zeit ein ganzes Stück besser geworden.
Von Cochabamba geht die Fahrt weiter nach Villa Tunari. Runter vom Altiplano, rein in den Dschungel. Die Fahrt ist wunderschön, da jedoch neben uns vor allem haufenweise LKWs unterwegs sind, dauert die Fahrt bis in den späten Abend. Das Klima hier ist ein ganz anderes: Rund um die Uhr zwischen 28 und 35 Grad. Definitiv an der oberen Grenze des „angenehme-Schlaftemperatur-Bereichs“. In der nähe von Villa Tunari besuchen wir den La Jungla Park, wo wir auf Ziplines und bis zu 18 Meter hohen Schaukeln durch den Dschungel baumeln.
Da wir uns etwas Erfrischung gönnen wollen, wechseln wir vom Camping im Dorf zum Hotel El Puente, wo wir mitten im Dschungel direkt am Pool campen können.
Vom tropischen Villa Tunari führt unsere Reise weiter in den Torotoro Nationalpark. Die Anfahrt ist auch hier wieder atemberaubend. Über Stein- und Sandstrassen Richtung Nationalpark, auch hier benötigen wir wieder etwas länger als gedacht, sodass wir erneut im Dunkeln ankommen.
Frisch ausgeruht besuchen wir mit unserem Guide Orlando die Höhlen von Torotoro. Diese sind ca. 7 Kilometer tief erforscht, für die Besucher zugänglich ist ein Rundweg von ca. 700 Metern. Klettern, robben und hindurchzwängen inklusive. Nebst der Höhle ist die Schlucht, welche am Ortseingang von Torotoro beginnt und immer tiefer wird, das zweite Highlight. Gemeinsam mit dem Guide wandern wir in der brütenden Mittagshitze zu einem Aussichtspunkt, und von dort hinunter in die Schlucht zu einer Art Oase mit Wasserfällen und Badestellen. Der Wiederaufstieg mit 800 Treppenstufen ist ganz schön streng und so sauber wie wir nach dem Bad im Fluss waren, so verschwitzt sind wir, als wir wieder bei Schnurrli ankommen…
Von Torotoro fahren wir zurück nach Cochabamba, wo wir über das Wochenende nochmals bei Julio vorbei schauen. Unter der Woche teilte er uns beiläufig mit, dass am Sonntag „dia del peaton“ sei – fussgängertag also. Ganz Bolivien autofrei. Gut zu wissen :). Der Tag ist ein weiteres Highlight. Ganz Cochabamba scheint auf den Beinen zu sein. Essens-Stände, Menschen zu Fuss, mit dem Velo oder Inlineskates überall. Und dabei sind wir nicht einmal in der Innenstadt. Im Gegenteil, wir spazieren zum „Landhäuschen“ der Familie, wo wir den Rest des Tages mit grillieren (Lomo zum Zvieri), Cacho-Spielen und nochmals grillieren (Anticuchos zum Znacht) verbringen.
Am Montag heisst es dann endgültig Abschied nehmen. In zwei Etappen fahren wir nach Copacabana an der bolivianisch-peruanischen Grenze. Während die rund 350 Kilometer von Cochabamba nach La Paz problemlos verlaufen, stehen wir am zweiten Tag vor Strassenblockaden. Demonstrantinnen blockieren sämtliche Strassen, die aus La Paz in Richtung Copacabana führen. In der Hoffnung, die Blockaden irgendwie umfahren zu können, folgen wir anderen Fahrzeugen in die staubigen Quartierstrassen von El Alto. Das Resultat ist jedoch immer das gleiche. Während wir immer weiter weg von der Hauptstrasse fahren sind alle Parallelstrassen blockiert. Die Blockaden bestehen meist aus Erdhaufen, brennenden Pneus oder Steinen, die von einigen Cholitas in traditioneller Kleidung bewacht werden. Sobald man sich einer Blockade nähert wird man mit Drohgesten – Steine bereits in der Hand, bereit zu werfen – darauf aufmerksam gemacht, auf keinen Fall durchzufahren. Als die Strassen und Häuser langsam aufhören, versuchen wir bei einer Blockade durchzukommen. Die Damen sind zwar nett, jedoch vorerst unerbittlich. So schnell geben wir jedoch nicht auf. Wir parken Schnurrli und Manuel lässt sich auf eine längere Diskussion ein. Nach etwa eineinhalb Stunden und gegen eine Flasche Coca Cola lassen sich die Ladies dann tatsächlich erweichen und wir können passieren. Nach einigen Kilometern treffen wir auf die Strassensperre der Männer. Diese lässt sich zum Glück jedoch relativ einfach über einige Feldwege überwinden. So brauchen wir für die 150 Kilometer nach Copacabana am Titicacasee einen ganzen Tag.
Die bolivianische Copacabana mag wohl nicht ganz mit dem Original aus Brasilien mithalten. Zwar fühlt man sich aufgrund der Grösse des Sees durchaus ein wenig wie am Meer, einen Richtigen Sandstrand sucht man allerdings vergebens und auch die Temperaturen auf 3’800 m.ü.M. sind nicht ganz die gleichen. Dafür ist das Örtchen ziemlich gemütlich und ein guter Ausgangspunkt, um einige der Inseln auf dem Titicacasee zu erkunden. Dies machen wir auch, als wir am zweiten Tag nach unserer Ankunft die Isla del Sol besuchen. Leider können wir nicht wie zuerst gedacht die Insel vom Süden in den Norden ablaufen, da die beiden Clans auf den Inseln sich verkracht haben und der Norden momentan gesperrt ist. So führt uns unsere Tour zuerst auf die Isla de la Luna, die nicht ganz so interessant ist wie die Schwesterinsel. Auf der Isla del Sol angekommen werden wir etwas entfernt vom Hauptort abgeladen. Da wir unsere Bolivianos schon so gut wie aufgebraucht haben, verzichten wir auf die angebotene Tour und nehmen den 45minütigen Weg alleine unter die Füsse. Aus den 45 Minuten werden rund zwei Stunden, da wir spontan einen Umweg zu einem Aussichtspunkt machen und dort unsere selbstgemachten Sandwiches verspeisen…
Am (vergangenen) Freitag überqueren wir dann die Grenze von Bolivien nach Peru. Was wir nicht wissen: Am Freitag findet auf der Hauptstrasse ein grenzübergreifender Markt statt. Und wir mittendrin statt nur dabei. Der Markt ist zwar nur einige hundert Meter lang, dennoch brauchen wir mehr als eine Stunde bis wir durch sind. Ausserdem müssen wir Schnurrli eine Stunde mitten im Getümmel parkieren, da wir für die Einreise in Peru eine Versicherung im nächsten Dorf besorgen müssen (zu Fuss). Schöne Moment.
Hier lang zum Video, da lang zu den Fotos
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